An dieser Stelle sollen nicht die operativen Prozesse der Beschaffung dargestellt werden, welche die Domäne von ERP-Systemen sind, sondern es soll ein aus SCM-Sicht und für eine integrierte Unternehmensplanung wichtiger Aspekt des Beschaffungsmanagement erläutert werden: Verfahren zur Ermittlung der optimalen Bestellmenge und deren Einbindung in fortgeschrittene SCM-Prozesse.
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Die entscheidende Einsicht, die zum EOQ-Konzept führte, war die Tatsache, dass es einen Kompromiss zwischen den Kosten für die Lagerhaltung und den Fixkosten für die Bestellung oder den Rüstkosten für die Produktion gibt. Das EOQ-Verfahren versucht, diese beiden Kosten (Rüst- und Lagerhaltungskosten) durch die Wahl einer optimalen Bestell- oder Produktionsmenge auszugleichen.
Damit die Kosten optimal sind, müssen mehrere Annahmen zutreffen: Die Nachfrage muss konstant und deterministisch sein, es darf keine Interdependenzen zwischen den Produkten geben, und die Produktion muss sofort erfolgen. Natürlich sind die Annahmen höchst unrealistisch, aber die Formulierung erfasst den wesentlichen Kompromiss und liefert eine erste Annäherung. Da die Formel zudem nicht sehr empfindlich auf Fehler bei der Schätzung verschiedener Kosten reagiert, wird sie von den Unternehmen immer noch für ihre Bestellentscheidungen verwendet, und ERP- sowie APS-Software enthält bis heute Algorithmen zur Berechnung der EOQ. In Abbildung 1 ist ein Beispiel visualisiert, in dem die Kompromisse dargestellt sind. Es ist zu erkennen, dass bei einer Bestellmenge von 169 Einheiten die Gesamtkosten am niedrigsten sind, was auch eine weitere Eigenschaft der Formel veranschaulicht - wo die Gesamtkosten am niedrigsten sind, entsprechen die Lagerhaltungskosten den Bestellkosten.
Aus der Implementierungsperspektive in SAP werden EOQ und bestimmte Varianten davon unter der Rubrik "Optimale Losgrößenverfahren" in S/4 HANA angeboten (es stehen vier Verfahren zur Verfügung, nämlich Stück-Perioden-Ausgleich, gleitende wirtschaftliche Losgröße, Losgrößenverfahren nach Groff und dynamische Losgrößenrechnung). Bei diesen Verfahren müssen Lagerkosten oder Holdingkosten und losgrößenunabhängige Kosten oder Bestell-/Einrichtungskosten gepflegt werden, damit optimale Losgrößen ermittelt werden können. Im Hinblick auf die Integration mit der Planung könnte ein möglicher Ansatz die Integration der Ergebnisse mit SAP IBP sein, so dass die Losgrößen von den Planungsalgorithmen als gegeben betrachtet werden. Eine Implikation könnte z. B. sein, dass der Algorithmus zur Bestandsoptimierung die "wirtschaftliche" Losgröße als Eingabe nimmt und den Sicherheitsbestand entsprechend berechnet, da eine größere Losgröße intuitiv eine größere Abdeckung oder ein geringeres Risiko von Lagerausfällen bietet und daher einen kleineren Sicherheitsbestand erfordert.